Werner-Ernst-Preis 2012 (21. FRU-Förderpreis-Wettbewerb)

Werner-Ernst-Preis 2012 für Umgang mit Wutbürgern

Die Förderung des Nachwuchses in raumwissenschaftlicher Forschung und Planungspraxis ist Ziel des Werner-Ernst-Preises, den der „Förderkreis für Raum- und Umweltforschung – Vereinigung von Freunden der ARL“ (FRU) alljährlich auslobt. „Infrastrukturgroßprojekte: Akzeptanz durch Raumplanung“ lautete das Wettbewerbsthema – in Anlehnung an den ARL–Kongress 2012. Zwei junge Menschen durften in Leipzig einen Preis entgegennehmen: Martin Kohl erhielt den ersten Preis, dotiert mit 2000 Euro, und Christine Eismann bekam den zweiten Preis, dotiert mit 1500 Euro. Beide konnten die Jury mit ihren akademischen Abschlussarbeiten überzeugen.

Der Preis, der den Namen des ehemaligen Ehrenpräsidenten der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) trägt, wurde zum 21. Mal vergeben. Der Vorsitzende des Förderkreises, Prof. Dr. Jörg Knieling, HafenCity Universität Hamburg, umriss das Themenfeld wie folgt: „Die Ausschreibung forderte dazu auf, das Spannungsfeld von Beteiligung und Protest auszuloten. Wutbürger, Fortschrittsverweigerer etc. sind Begriffe, die polemisieren. Ist aber der Protest nicht ebenso Frühwarnsystem oder Mitwirkung? Ist er nicht Qualitätsmerkmal einer funktionierenden Demokratie? Die neue Protestkultur ist kreativ und technologisch innovativ. – Was bedeutet dies für die Raumplanung? Kann sie die positive Energie aufgreifen?“

Positiv aufgegriffen hat das Thema Martin Kohl. Er studiert im Masterstudiengang an der Justus-Liebig-Universität Gießen Geographie und schrieb am Institut für regionale und kommunale Planung seine Bachelorarbeit: “Planungsprozesse von Windkraftanlagen – Einflussfaktoren und Akzeptanz“. Darin wird die Ansiedelung von Windkraftanlagen im Rahmen der Bauleitplanung untersucht. Die Jury bescheinigt der Arbeit neben sauberer methodischer Herangehensweise und sprachlicher Klarheit und Prägnanz „nicht unwesentliche Erkenntnisfortschritte“. Dieses Lob gab es vor allem dafür, dass Kohl herausgearbeitet hat, wie „akzeptanzstärkende Modelle mit finanziellem Nutzen für die Bürger wirken“ und wie wichtig eine gezielte Einbindung engagierter Akteure bei kommunalen Planungsprozessen ist“. Der Output sei „kreativ und innovativ“, so das Urteil der unabhängigen Jury, der in diesem Jahr neben dem Vereinsvorsitzenden, Prof. Knieling, auch Stephanie Külzer (Fraport AG, Frankfurt am Main) und Prof. Dr. Wilfried Erbguth (Universität Rostock) angehörten.

Die zweite Preisträgerin, Christine Eismann, studierte an der Universität Bonn Geographie mit den Nebenfächern Volkswirtschaftslehre und Politik und arbeitet inzwischen am Geographischen Institut der Uni Bonn. Ihr Wettbewerbsbeitrag ist ihre Diplomarbeit zum Thema „Motive und Organisation bürgerschaftlichen Engagements in Ahaus im Kontext des Brennelement-Zwischenlagers“. Eismann untersuchte unterschiedliche Gruppierungen, die sich für oder gegen Atomkraft einsetzen, im Hinblick auf die Fragen, wie bürgerschaftliches Engagement motiviert und organisiert ist, ob es ein bleibendes Phänomen ist und welche Auswirkungen der Protest gegen die Anlage in Ahaus dauerhaft haben kann. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass bürgerschaftliches Engagement bei den Atomkraftgegnern in der Regel stärker ausgeprägt ist. Sie haben eine „konsistentere Einstellung“ gegenüber der Sache und legen „größere Handlungsbereitschaft“ an den Tag, als die Befürworter. Laudator Jörg Knieling hob außerdem hervor: „Die Arbeit zeichnet sich durch einen originellen theoretischen Bezugsrahmen aus und nutzt schlüssig die Methoden qualitativer Sozialforschung, die teilnehmende Beobachtung und das problematisierende Interview.“